01.08.18

Bariatrische Chirurgie bei Kindern und Jugendlichen


Übergewicht und Adipositas im Kindes- und Jugendalter haben in den letzten Jahren weltweit zugenommen. Je nach Definition sind 10–20 % aller Schulkinder und Jugendlichen in Deutschland übergewichtig, womit erhöhtes Körpergewicht die häufigste ernährungsbedingte Gesundheitsstörung in diesen Altersklassen ist.

 Tony Alter from Newport News, USA, Young and Fat (5350627034)CC BY 2.0

Die gesundheitlichen Risiken der Adipositas im Erwachsenenalter sind wissenschaftlich gut belegt und wurden hier bereits dargestellt. Die Entwicklung einer Adipositas im Kindesalter hat einen zusätzlichen ungünstigen Einfluss auf die Gesundheit. Adipöse Kinder und Jugendliche werden häufig stigmatisiert, was sich problematisch auf die psychosoziale Entwicklung auswirkt und zur Entwicklung von  Essstörungen führen kann.

Bei adipösen Kindern und Jugendlichen steigt das Risiko, an einer durch Übergewicht bedingten Erkrankung zu versterben, alle 2 Jahre um 6 – 7 %. Die Behandlung einer kindlichen Adipositas muss daher möglichst früh und effektiv erfolgen. Obwohl die konservative Therapie der Adipositas im Kindes- und Jugendalter kurzfristig zu guten Erfolgen führt, sind die Langzeitergebnisse wie auch bei den Erwachsenen oft enttäuschend. Das Ziel bariatrischer Eingriffe  im Kindes- und Jugendalter ist es, über die zu erwartende Gewichtsreduktion  bzw. Kontrolle einer weiteren Gewichtszunahme die Lebensqualität, den Gesundheitszustand und die Lebenserwartung zu verbessern.


Operationen bereits im Kindesalter werden noch kontrovers diskutiert. Die „International Pediatric Endosurgery Group“ (IPEG) empfiehlt, dass bei Jugendlichen mit einem BMI >40 kg/m² oder einem BMI >35 kg/m² mit schweren Folgeerkrankungen eine bariatrische Operation in Betracht gezogen werden sollte, wenn die Patienten nahezu ausgewachsen und konservative Therapiemethoden ausgeschöpft sind.

Die Indikation zu einem bariatrischen Eingriff bei einem Kind oder Jugendlichen muss immer individuell und gemeinsam mit der Familie gestellt werden. Das Behandlungsteam sollte über entsprechende Erfahrungen in der Behandlung der Adipositas junger Patienten verfügen und aus Kinderarzt, Internist, Ernährungsmediziner, Kinder-/Jugendpsychiater, Sozialarbeiter, Psychologe und einem Chirurg bestehen, welcher über mehrjährige Erfahrung in der bariatrischen Chirurgie verfügt. Beratung und Eingriff sollten nur in einem Zentrum mit besonderer Erfahrung in der bariatrischen Chirurgie erfolgen. Zudem ist ein altersgerechtes Umfeld in der Klinik erforderlich: Kinderanästhesie, Intensivstation für Kinder und Jugendliche etc. Auch muss eine engmaschige Nachsorge gewährleistet sein.

Quellen:

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Al-Qahtani AR. (2007) Laparoscopic adjustable gastric banding in adolescent: safety and efficacy. J Pediatr Surg 42: 894–897.

Fatima J, Houghton SG (2006) Bariatric Surgery at the Extremes of Age. J Gastrointest Surg 10: 1392–1396.

Givan F. Paulus, et al. (2015) Bariatric Surgery in Morbidly Obese Adolescents: a Systematic Review and Metaanalysis. Obes Surg 25: 860–878.

International Pediatric Endosurgery G (2009) IPEG guidelines for surgical treatment of extremely obese adolescents. J Laparoendosc Adv Surg Tech A 19: (Suppl 1)

Oude Luttikhuis H, Baur L, Jansen H, et al. (2009) Interventions for treating obesity in children. Cochrane Database Syst Rev (online) (1): CD001872.

Treadwell JR, Sun F, Schoelles K (2008) Systematic review and metaanalysis of bariatric surgery for pediatric obesity. Ann Surg 248: 763–776.