Die konservative Behandlung der Adipositas bestehend aus
Ernährungs-, Bewegungs- und Verhaltenstherapie und ggf. medikamentöser Therapie
zeigt häufig keine ausreichenden und nachhaltigen Effekte. Die chirurgische Therapie der Adipositas
hingegen hat sich als sehr effektiv und nachhaltig erwiesen, zudem ist sie
sicher und kosteneffektiv. Sie führt nicht nur zu einer erheblichen Gewichtsreduktion,
sondern auch zu einer deutlichen Verbesserung von adipositasbedingten
Begleiterkrankungen wie Diabetes mellitus Typ 2, Bluthochdruck und
Schlafapnoe-Syndrom. Beim Diabetes mellitus Typ 2 tritt die Besserung der
Blutzuckerwerte bereits unmittelbar postoperativ ein, unabhängig von der
Gewichtsreduktion. Mit zunehmender Gewichtsreduktion steigen Lebensqualität und
Lebenserwartung an.
Bariatrische
Chirurgie
Die bariatrische Chirurgie ist ein Teilgebiet der Chirurgie,
welches sich mit Eingriffen befasst, die eine Reduktion des Körpergewichtes
erleichtern sollen. Die meisten bariatrischen Eingriffe werden endoskopisch
über kleine Schnitte im Inneren des Bauchraumes vorgenommen
(„Schlüssellochchirurgie“). Die häufigsten in Deutschland durchgeführten Eingriffe
zur Gewichtsreduktion sind der Schlauchmagen und der Magenbypass.
Adipositaschirurgie
Unter Adipositaschirurgie versteht man einen bariatrischen
Eingriff, dessen Ziel primär die Gewichtsreduktion ist. Durch eine nachhaltige
Gewichtsreduktion kann eine Verbesserung von adipositasbedingten Begleiterkrankungen
bzw. deren Vorbeugung und eine Verbesserung der Lebensqualität erreicht werden.
Metabolische
Chirurgie
Unter metabolischer Chirurgie werden bariatrische Eingriffe
wie oben verstanden, jedoch wird hier die Indikation primär zur Verbesserung
der Stoffwechsellage bei einem vorbestehenden Diabetes mellitus Typ 2 gestellt.
Die Gewichtsreduktion ist dabei ein willkommener Nebeneffekt, ist jedoch nicht
das primäre Ziel des Eingriffs. Für andere mit der Adipositas bzw. mit dem
metabolischen Syndrom assoziierte Erkrankungen wie beispielsweise Bluthochdruck
gibt es derzeit keine ausreichenden Daten, um primär wegen dieser Erkrankungen
die Indikation für einen metabolischen Eingriff zu stellen.
Qualitätssicherung
Adipositaschirurgische Eingriffe sollen nur in Kliniken
vorgenommen werden, die als Zentrum für
Adipositaschirurgie zertifiziert sind oder die Zertifizierung anstreben.
Zentren für Adipositaschirurgie sollen sich auf folgende Eingriffe beschränken:
- Patientenalter zwischen ≥18 und <65 Jahren
- Patienten ohne schwere Begleiterkrankungen (ASA* ≤3)
- Patienten mit BMI <60 kg/m²
- Adipositaschirurgische Standardeingriffe: Schlauchmagenbildung, Magenband, proximaler Roux-en-Y- Magenbypass und Omega-Loop-Magenbypass.
Außerhalb dieser Kriterien liegende Patienten, anspruchsvollere
Operationen und primär metabolische Eingriffe, die der Behandlung des Diabetes
mellitus Typ 2 dienen, sollen an einem Zentrum
für Adipositas- und Metabolische Chirurgie mit besonderer Expertise
vorgenommen werden:
- jedes Patientenalter, insbesondere auch <18 bzw. ≥65 Jahre (vgl. Adipositaszentrum)
- Risikopatienten mit schweren Begleiterkrankungen (ASA* >3)
- Patienten mit BMI ≥ 60 kg/m²
- zusätzlich zu adipositaschirurgische Standardeingriffe schwierige Bypass-Operationen, Umwandlungsoperationen und Redo-Eingriffe
- primär metabolische Eingriffe (bei BMI < 40kg/m² in Zusammenarbeit mit einem in der Diabetologie versierten Arzt)
Zusätzlich soll der verantwortliche Chirurg über die
Expertise von mindestens 300 adipositaschirurgischen bzw. metabolischen
Eingriffen verfügen, die auch kniffelige Korrektur- oder Umwandlungseingriffe
umfassen.
Sind adipositaschirurgische oder metabolische Eingriffe bei
Kindern oder Jugendlichen geplant, sollen diese nur in Zusammenarbeit mit einer
pädiatrischen Klinik erfolgen, die Erfahrung in der Behandlung der Adipositas
hat, über entsprechend qualifiziertes Fachpersonal und einer für Kinder und
Jugendliche geeignete Intensivstation verfügt.
Quellen:
Deutsche Adipositas-Gesellschaft, Deutsche Diabetes
Gesellschaft, Deutsche Gesellschaft für Ernährung, deutsche Gesellschaft für
Ernährungsmedizin (2014) Interdisziplinäre Leitlinie der Qualität S3 zur
„Prävention und Therapie der Adipositas“. AWMF-Register Nr. 050/001. Klasse:
S3. Version 2.0
Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie,
Chirurgische Arbeitsgemeinschaft für Adipositastherapie (CAADIP), Deutsche
Adipositas-Gesellschaft (DAG), Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische
Medizin und Psychotherapie, Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin (2010)
S3-Leitlinie: Chirurgie der Adipositas.
Fried M,
Yumuk V, Oppert JM, et al. (2013) Interdisciplinary European Guidelines on
Metabolic and Bariatric Surgery. Obes Facts 6: 449–468
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Chirurgie. Aktuelle Ernährungsmed 40: 256–274
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