14.08.18

Folgekrankheiten der Adipositas


Die Adipositas kann zu zahlreichen Erkrankungen führen, neben Gelenk- und Lungenerkrankungen insbesondere zu Herz-Kreislauf-Problemen, Diabetes mellitus Typ 2, Bluthochdruck und Fettstoffwechselerkrankungen. Auch spielt das Vorliegen einer Adipositas eine Rolle bei der Entstehung von Krebserkrankungen. Die Lebenswertung eines 40jährigen adipösen Menschen ist durchschnittlich um 7 Jahre verkürzt.

Metabolisches Syndrom

Das metabolische Syndrom wird neben dem Rauchen als entscheidender Risikofaktor für Erkrankungen der arteriellen Gefäße angesehen, insbesondere der koronaren Herzkrankheit. Zu dem sogenannten „tödlichen Quartett“ des metabolischen Syndroms gehören:

  • Adipositas, insb. vom viszeralen Typ
  • Bluthochdruck
  • Fettstoffwechselstörungen
  • Insulinresistenz bzw. gestörte Glukosetoleranz, die Hauptursache für Diabetes mellitus Typ 2

Weitere Erkrankungen, die beim metabolischen Syndrom häufig auftreten sind die Hyperurikämie (Erhöhung des Harnsäurespiegels, Gicht) und bei Frauen eine Hyperandrogenämie, d.h. eine Erhöhung des Androgenspiegels (männliches Geschlechtshormon). Auch Gerinnungsstörungen kommen häufiger vor, weshalb bei adipösen Menschen das Thrombose-Risiko erhöht ist.



Die viszerale Fettverteilung ist ein wesentlicher Faktor der Insulinresistenz, bei der die Zellen weniger auf körpereigenes und von außen zugeführtes Insulin reagieren. Betroffene sind vor allem Muskel-, Leber- und Fettzellen.  Die abdominale oder viszerale Adipositas ist somit ein wichtiger Risikofaktor für die Ausbildung eines Diabetes mellitus Typ 2. Eine Studie aus 1997 ergab bei einem Bauchumfang von über 96,4 cm im Vergleich zu unter 71 cm innerhalb von 8 Jahren ein um 6,2-fach erhöhtes Risiko, einen Diabetes mellitus zu entwickeln. Umgekehrt kann bereits eine mäßige Gewichtsreduktion bei der Adipositas das Risiko einer Diabetes-Erkrankung deutlich reduzieren. Dieser Zusammenhang gilt nicht für den autoimmunbedingten Diabetes mellitus Typ 1.

Häufigste Folgeerkrankung der Adipositas ist der Bluthochdruck, der bei adipösen Menschen 5-mal häufiger auftritt als bei Normalgewichtigen. Auch hier führt eine Gewichtsabnahme zur Senkung der erhöhten Blutdruckwerte. Die Adipositas führt zu einer Erhöhung der Triglyzeride bei gleichzeitiger Erniedrigung des HDL-Cholesterins im Blut, was als Dyslipidämie bezeichnet wird. Sie ist ein Wegbereiter der Arteriosklerose (Arterienverkalkung).

Die Adipositas ist ein eigenständiger Risikofaktor für Herz-Kreislauferkrankungen. Dazu gehören Herzschwäche, Herzinfarkt und plötzlicher Herztod sowie Schlaganfälle.

Fettleber

Die viszerale Adipositas kann zur Ausbildung einer Leberverfettung führen, die über eine entzündlich bedingte Fettleber bis hin zur Leberzirrhose führen kann. Die Zirrhose ist wiederum ein Risikofaktor für die Entwicklung eines Leberzellkarzinoms.  Auch hier spielt die Insulinresistenz eine wichtige Rolle.



Schlafbezogene Atmungsstörungen

Die Adipositas kann zur Entwicklung des sogenannten Schlafapnoe-Syndroms führen, das durch nächtliche Atemaussetzer charakterisiert ist, die über mehrere Minuten anhalten können. Unbehandelt führt es zu Bluthochdruck, Herzproblemen bis hin zum Herzinfarkt, Depressionen und Stresserkrankungen wie Magengeschwüre, Tinnitus und Hörsturz. Auch hier besteht ein Zusammenhang mit der eingangs erwähnten Insulinresistenz.

Männer sind 4-mal häufiger vom Schlafapnoe-Syndrom betroffen als Frauen. Ab einem Halsumfang von mehr als 43 cm bei Männern und 40,5 cm bei Frauen steigt das Risiko für das Apnoe-Syndrom deutlich an. Erster Hinweis auf ein Schlafapnoe-Syndrom ist eine gesteigerte Tagesmüdigkeit.

Bewegungsapparat

Degenerative Gelenkerkrankungen treten bei der Adipositas häufiger und frühzeitiger auf. Dadurch wird die bei der Behandlung der Adipositas erwünschte Steigerung der körperlichen Aktivität häufig blockiert. Der vorzeitige Verschleiß betrifft überwiegend die Knie- und Hüftgelenke, aber auch Wirbelsäulenprobleme treten vermehrt auf.


Krebserkrankungen

Das Risiko, eine Karzinomerkrankung zu entwickeln, ist bei adipösen Menschen erhöht. Die Wahrscheinlichkeit, ein Karzinom zu entwickeln beträgt pro Zunahme des BMI um 5 kg/m² je nach Krebsart um 12 – 50 %. 

Ein Zusammenhang zwischen der Adipositas und Tumorerkrankungen ist bekannt für Dickdarm-, Nieren-, Speiseröhren-, Magen-,  Bauchspeicheldrüsen-, Leber- und Prostatakrebs. Adipöse Frauen haben zudem ein erhöhtes Risiko für Karzinome der Gallenblase und Gallenwege, Brust-, Eierstock- und Gebärmutterhalskrebs.

Quellen:

Alberti KG, Zimmet P, Shaw J (2005) The metabolic syndrome – a new worldwide definition. Lancet 366: 1059–1062 

Borel JC, Borel AL, Monneret D, et al. (2012) Obesity hypoventilation syndrome: from sleep-disordered breathing to systemic comorbidities and the need to offer combined treatment strategies. Respirology 17: 601–610 

Carey VJ, Walters EE, Colditz GA, et al. (1997) Body fat distribution and risk of non-insulin-dependent diabetes mellitus in women. The Nurses’ Health Study. Am J Epidemiol 145: 614–619 

Deutsche Gesellschaft für Kardiologie, Deutsche Hochdruckliga e.V. DHL (2013) ESH/ESC Pocket Guidelines. Leitlinien für das Management der arteriellen Hypertonie. http://www.hochdruckliga.de/

Flier JS, Maratos-Flier E, Elbelt U, Scholze JE (2012) Adipositas. In: Longo DL, Fauci AS, Kaspar DL, et al. (Hrsg) Harrisons Innere Medizin, 18. Aufl. ABW Wissenschaftsverlag, Berlin, S 665–672
Haslam DW, James WPT (2005) Obesity. Lancet 366: 1197–1209 

Kerner W, Brückel J (2015) Definition, Klassifikation und Diagnostik des Diabetes mellitus. Diabetol Stoffwechs 10 (Suppl 2): S 98–S 101 

Knowler WC, Barett-Connor E, Fowler SE, et al. (2002) Reduction in the incidence of type 2 diabetes with lifestyle intervention or metformin. N Engl J Med 346: 393–403 

Kushner RF, Elbelt U, Scholze JE (2012) Diagnostik und Management der Adipositas. In: Longo DL, Fauci AS, Kaspar DL, et al. (Hrsg) Harrisons Innere Medizin, 18. Aufl. ABW Wissenschaftsverlag, Berlin, S 673–681 

Nimptsch K, Pischon T (2014) Adipositas und Krebs. Adipositas 8: 151–156
Tuomilehto J, Lindström J, Eriksson JG, et al. (2001) Prevention of type 2 diabetes mellitus by changes in lifestyle among subjects with impaired glucose tolerance. N Engl J Med 344: 1343–1350