Die Adipositas kann zu zahlreichen Erkrankungen führen,
neben Gelenk- und Lungenerkrankungen insbesondere zu Herz-Kreislauf-Problemen,
Diabetes mellitus Typ 2, Bluthochdruck und Fettstoffwechselerkrankungen. Auch
spielt das Vorliegen einer Adipositas eine Rolle bei der Entstehung von
Krebserkrankungen. Die Lebenswertung eines 40jährigen adipösen Menschen ist
durchschnittlich um 7 Jahre verkürzt.
Metabolisches Syndrom
Das metabolische Syndrom wird neben dem Rauchen als entscheidender
Risikofaktor für Erkrankungen der arteriellen Gefäße angesehen, insbesondere
der koronaren Herzkrankheit. Zu dem sogenannten „tödlichen Quartett“ des
metabolischen Syndroms gehören:
- Adipositas, insb. vom viszeralen Typ
- Bluthochdruck
- Fettstoffwechselstörungen
- Insulinresistenz bzw. gestörte Glukosetoleranz, die Hauptursache für Diabetes mellitus Typ 2
Weitere Erkrankungen, die beim metabolischen Syndrom häufig
auftreten sind die Hyperurikämie (Erhöhung des Harnsäurespiegels, Gicht) und
bei Frauen eine Hyperandrogenämie, d.h. eine Erhöhung des Androgenspiegels
(männliches Geschlechtshormon). Auch Gerinnungsstörungen kommen häufiger vor,
weshalb bei adipösen Menschen das Thrombose-Risiko erhöht ist.
Die viszerale Fettverteilung ist ein wesentlicher Faktor der
Insulinresistenz, bei der die Zellen weniger auf körpereigenes und von außen
zugeführtes Insulin reagieren. Betroffene sind vor allem Muskel-, Leber- und
Fettzellen. Die abdominale oder
viszerale Adipositas ist somit ein wichtiger Risikofaktor für die Ausbildung
eines Diabetes mellitus Typ 2. Eine Studie aus 1997 ergab bei einem Bauchumfang
von über 96,4 cm im Vergleich zu unter 71 cm innerhalb von 8 Jahren ein um
6,2-fach erhöhtes Risiko, einen Diabetes mellitus zu entwickeln. Umgekehrt kann
bereits eine mäßige Gewichtsreduktion bei der Adipositas das Risiko einer
Diabetes-Erkrankung deutlich reduzieren. Dieser Zusammenhang gilt nicht für den
autoimmunbedingten Diabetes mellitus Typ 1.
Häufigste Folgeerkrankung der Adipositas ist der
Bluthochdruck, der bei adipösen Menschen 5-mal häufiger auftritt als bei
Normalgewichtigen. Auch hier führt eine Gewichtsabnahme zur Senkung der
erhöhten Blutdruckwerte. Die Adipositas führt zu einer Erhöhung der
Triglyzeride bei gleichzeitiger Erniedrigung des HDL-Cholesterins im Blut, was
als Dyslipidämie bezeichnet wird. Sie ist ein Wegbereiter der Arteriosklerose
(Arterienverkalkung).
Die Adipositas ist ein eigenständiger Risikofaktor für
Herz-Kreislauferkrankungen. Dazu gehören Herzschwäche, Herzinfarkt und plötzlicher
Herztod sowie Schlaganfälle.
Fettleber
Die viszerale Adipositas kann zur Ausbildung einer
Leberverfettung führen, die über eine entzündlich bedingte Fettleber bis hin
zur Leberzirrhose führen kann. Die Zirrhose ist wiederum ein Risikofaktor für
die Entwicklung eines Leberzellkarzinoms.
Auch hier spielt die Insulinresistenz eine wichtige Rolle.
Schlafbezogene
Atmungsstörungen
Die Adipositas kann zur Entwicklung des sogenannten
Schlafapnoe-Syndroms führen, das durch nächtliche Atemaussetzer charakterisiert
ist, die über mehrere Minuten anhalten können. Unbehandelt führt es zu
Bluthochdruck, Herzproblemen bis hin zum Herzinfarkt, Depressionen und
Stresserkrankungen wie Magengeschwüre, Tinnitus und Hörsturz. Auch hier besteht
ein Zusammenhang mit der eingangs erwähnten Insulinresistenz.
Männer sind 4-mal häufiger vom Schlafapnoe-Syndrom betroffen
als Frauen. Ab einem Halsumfang von mehr als 43 cm bei Männern und 40,5 cm bei
Frauen steigt das Risiko für das Apnoe-Syndrom deutlich an. Erster Hinweis auf
ein Schlafapnoe-Syndrom ist eine gesteigerte Tagesmüdigkeit.
Bewegungsapparat
Degenerative Gelenkerkrankungen treten bei der Adipositas
häufiger und frühzeitiger auf. Dadurch wird die bei der Behandlung der
Adipositas erwünschte Steigerung der körperlichen Aktivität häufig blockiert.
Der vorzeitige Verschleiß betrifft überwiegend die Knie- und Hüftgelenke, aber
auch Wirbelsäulenprobleme treten vermehrt auf.
Krebserkrankungen
Das Risiko, eine Karzinomerkrankung zu entwickeln, ist bei
adipösen Menschen erhöht. Die Wahrscheinlichkeit, ein Karzinom zu entwickeln
beträgt pro Zunahme des BMI um 5 kg/m² je nach Krebsart um 12 – 50 %.
Ein Zusammenhang zwischen der Adipositas und
Tumorerkrankungen ist bekannt für Dickdarm-, Nieren-, Speiseröhren-,
Magen-, Bauchspeicheldrüsen-, Leber- und
Prostatakrebs. Adipöse Frauen haben zudem ein erhöhtes Risiko für Karzinome der
Gallenblase und Gallenwege, Brust-, Eierstock- und Gebärmutterhalskrebs.
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