Die Adipositas wurde von der Weltgesundheitsorganisation WHO
als eigenständige chronische Erkrankung anerkannt und ist mittlerweile in der
Internationalen Klassifikation von Krankheiten (ICD) als Diagnose hinterlegt.
Übergewicht und Adipositas führen je nach Schweregrad, Dauer
der Erkrankung und individueller Veranlagung zu Folgekrankheiten. Neben Krebs-,
Lungen- und Gelenkerkrankungen sind hier in erster Linie die ungünstige
Entwicklung von Herz-Kreislauf-Risikofaktoren wie Diabetes mellitus Typ 2,
Bluthochdruck und Fettstoffwechselstörungen zu nennen.
Konservative Therapien der schweren Adipositas zur
Gewichtsreduktion scheitern meist, weshalb für viele Betroffene die
bariatrische Chirurgie nicht selten die einzige Therapiemöglichkeit ist, die
nicht nur zur nachhaltigen Gewichtsabnahme führt, sondern auch zu mehr
Lebensqualität, Verbesserung der Folgekrankheiten und zu einer Verlängerung der
Lebenserwartung.
In vielen Ländern gehören Adipositas- und metabolische
Chirurgie aufgrund nachgewiesener Wirksamkeit daher zu den etablierten medizinischen
Verfahren zur Gewichtsreduktion. Nicht jedoch in Deutschland. Das hat im
Wesentlichen zwei Gründe. Derzeit werden in Deutschland allenfalls ca. 12.000
bariatrische Operationen pro Jahr durchgeführt, obwohl rund 4 Millionen
Patienten für eine bariatrische Operation in Frage kommen. Würden diese alle
operiert werden, führt das zu einem ökonomischen Kollaps des
Gesundheitssystems. Auf der anderen Seite sind Adipositas und deren Behandlung
durch Operationen aufgrund mangelnder Kenntnis stigmatisiert - auch bei Ärzten
und sonstigen Therapeuten. Die Entscheidung des Patienten, für die
Kostenübernahme einer bariatrischen Operation zu kämpfen, wird häufig als eigenes
Versagen, Willenlosigkeit und einer bequemen Alternative zur mühsamen,
konservativen Gewichtsreduktion belächelt.
Dass konservative Maßnahmen zur Gewichtsreduktion -
Ernährungsumstellung, Bewegungs- und Verhaltenstherapie – in vielen Fällen
scheitern, liegt jedoch meist nicht an willenlosen Patienten, sondern an den raffinierten
Verteidigungsstrategien des menschlichen Körpers wenn es darum geht, bei
negativer Energiebilanz (z. B. Diät) die vorhandenen Energiereserven zu
schützen und damit eine nachhaltige Gewichtsreduktion zu verhindern.
Bariatrische Operationen werden oft als schwere,
hochrisikoreiche Eingriffe angesehen, bei denen gesunde Organe verstümmelt
werden und der Patient zum „Krüppel“ gemacht wird. Bariatrische Eingriffe
erfolgen hierzulande jedoch unter den Augen medizinischer Fachgesellschaften. Nach den Qualitätsverfahren der Deutschen
Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie sollen die Eingriffe nur an dafür
zertifizierten Kliniken bzw. Zentren durchgeführt werden. Die Eingriffe erfolgen
an diesen Einrichtungen standardisiert mit niedrigen Komplikationsraten in
sogenannter Schlüsselloch-Technik.
Und die Wirkung bariatrischer Eingriffe ist mittlerweile
sehr gut belegt, was die New York Times im Februar 2017 wie folgt kommentierte:
Die bariatrische
Chirurgie ist wahrscheinlich die effektivste Intervention in der gesamten
Medizin.
Für Betroffene mit schwerer Adipositas ist es somit lohnenswert,
sich mit der bariatrischen Chirurgie
näher zu befassen. Auf den folgenden
Seiten finden Betroffene alles Wissenswerte über die Adipositas, ihre
Entstehung, konservative und insbesondere operative Behandlung.
Quellen:
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